Die FIBO, eine der größten oder die größte Fitnessmesse, ist vorbei und ich möchte kurz ein persönliches Fazit ziehen. Auf den ersten Blick habe ich keine berauschenden Neuigkeiten entdecken können, vielleicht habe ich mir aber auch nicht alles intensiv genug angesehen. Daher fällt mein Fazit auch eher nüchtern aus.
Für den Laien sind die Unterschiede zwischen all den Trainingsgeräten der verschiedenen Hersteller kaum auszumachen und ehrlich gesagt gibt es auch kaum welche. Fast alle Geräte funktionieren gleich, sehen nur anders aus und benötigt werden sie nur für Fitnessstudios, die ein minderwertiges Fitnesstraining als Massenware anbieten, weil eine hochwertige Trainingsbetreuung zu hohe Personalkosten verursacht. Im Bereich der Fitnesskurse kenne ich mich weniger aus, aber im Grunde genommen wird entweder eine neue Tanzfitness angeboten oder ein neues Trainingsgerät kommt zusätzlich zum Einsatz (z. B. Stangen aus der Tabledance-Bar, an denen man sich bewegt).
Die „Power-Halle“ steht für die größte Bodybuilding-Messe. Ein Schmunzeln oder Kopfschütteln kann sich hier kaum ein Besucher verkneifen. Hochgespritzte und braungebrannte Muskelberge laufen überall herum, die Nahrungsergänzungsmittel türmen sich an den Messeständen bis zur Decke und die weilblichen Bodybuilder sind nicht selten nur noch an den langen Haaren und am Bikini zu erkennen. Einige haben Mühe ihre tiefen Stimmen zu verbergen und die Anabolika-Pickel im Dekolleté zu überschminken.
Im Bereich des Ausdauertrainings in Gruppenform (Indoor-Cycling) gibt es seit letztem Jahr das „Cranking“ – ein „Indoor-Cycling“-Kurs mit Handkurbelgeräten. Jetzt wird also noch weniger Muskelmasse eingesetzt, nur, um etwas Neues auf den Markt zu bringen. Handkurbelergometer werden schon seit vielen Jahren in der Rehabilitation eingesetzt, v. a. für Patienten mit neuen Hüft- und Kniegelenken oder Rollstuhlfahrern, weil sie die Beine (noch) nicht durch Fahrradfahren einsetzen konnten.
Während einige Anbieter versuchen, durch große Hula Hoop-Reifen die Fitness und Gesundheit zu verbessern, gab es noch ganz besondere Auswüchse des modernen Fitnesswahnsinns: Laufbänder mit einer riesigen Videoleinwand, auf denen der Trainierende das Gefühl vermittelt bekommt, dass er z. B. eine lange Asphaltstraße entlangläuft. Nun meine Frage: Sind frische Luft und die freie Natur so schlimm, dass man sich dieses Videolaufband antun muss? Ein anderer Stand hat große Kunststoffpferde und -zebras angeboten, die computergesteuert diverse Reitbewegungen durchführen. Für kleine Kinder war es früher immer ganz nett, wenn Mutti einen Groschen für eine Minute „Reitspaß“ auf dem Pferdeautomaten vor dem Supermarkt spendiert hat, aber in diesem Ausmaß erscheint es irrwitzig und lässt höchstens einen hysterischen Lachanfall zu (ich habe tatsächlich die Zebravariante auf der FIBO getestet…).
Einige wenige Stände stachen jedoch damit heraus, dass sie Angebote hatten, die die Menschheit wirklich benötigt und voranbringt. Inhaltlich ging es dabei um Trainingsformen, bei denen der durch die ganze Sitzerei im Alltag degenerierte Körper wieder lernt, sich selbst zu bewegen und zu stabilisieren. Ich habe auf der ganzen Messe nur einen einzigen Anbieter gesehen, der dem international aktuellen Stand einer modernen Traininseinrichtung gerecht wurde: der Stand von Marek Joschko von pullsh.net.
Dort haben sich die noch wenigen „Revolutionäre“ der „neuen Fitnessszene“ getroffen und intensiv ausgetauscht. Sie haben verstanden, dass der wahre Fitnesstrend in eine Richtung geht, die die meisten Anbieter anscheinend noch nicht erkannt haben. Dort habe ich alte Kontakte auffrischen und neue Gleichgesinnte finden können.
Immer mehr Menschen merken entweder, dass sie beim üblichen Fitnessstudiotraining nicht die Fitness- und Figurerfolge erzielen, die sie sich wünschen und dass der Zeitaufwand für ein derartiges Training relativ hoch ist. Ich mag Fitnessstudios, denn dort ist die Trainingsatmosphäre meist motivierender als wenn man alleine zu Hause trainiert. Aber das Training, was dort größtenteils angeboten wird, ist in vielen Fällen nicht sehr effektiv.
Die Grundlage für ein modernes Training stellt das Wiedererlangen der Bewegungsfähigkeit dar, wie ich schon im letzten Artikel geschrieben habe. Grundlegende Bewegungsmuster wie laufen, springen, krabbeln, klettern, aber auch Kniebeugen, Lastheben und die Stabilisationsfähigkeit des Körpers bei diesen Bewegungen sind vielen Menschen abhanden gekommen.
Diese Formen des Bewegungstrainings machen nicht nur viel mehr Spaß als stures Beugen und Strecken an Trainingsmaschinen, sondern sind in der Regel wesentlich effektiver, da der Körper als Einheit arbeitet und sich das Zusammenspiel der verschiedenen Muskeln erheblich verbessert. Die Übertragbarkeit eines solchen Trainings auf Bewegungen im Alltag oder Sport ist sehr hoch und das Körpergefühl verbessert sich immens. Daher wird es auch als „Functional Training“, also funktionelles Training bezeichnet.
Für ein solches Training benötigt man keinen technischen Schnickschnack oder teure Geräte. Das sogenannte „Low-Tech-Training“ erfordert einen geringeren Zeitaufwand als herkömmliche Angebote, lässt sich fast überall durchführen und startet idealerweise damit, dass man wieder lernt, den Körper stabil und sicher im dreidimensionalen Raum zu bewegen.
Mit anderen Worten: Ein modernes Training startet am besten nur mit dem eigenen Körpergewicht und wird als Bodyweight Training bezeichnet, in dem Bodyweight Exercises durchgeführt werden. Diese Trainingsform sollte eigentlich dauerhaft Bestandteil eines guten Traininsprogramms sein. Nebenbei können dann weitere Low-Tech-Hilfsmittel das Training ideal ergänzen. Hierzu zählen z. B. Kurz- und Langhanteln, Kettlebells, Medizinbälle, Gymnastikbälle, Slingtrainer, Kletterseile, Sandsäcke/-taschen, Klimmzugstangen u. Springseile.
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